Logo Uni Freiburg
Siegel Uni Freiburg

SFB1015 Muße. Teilprojekt R2

„Urbane Muße um 1800. Flanerie in der deutschen Literatur“

Otium Logo SFB1015

Gefördert durch

DFG-LogoMWK-Logo

Quellensammlung

Rückzugsräume – Heterotopien der Muße

London und Paris: Coventgarden

„Wenn ich Ihnen sagen wollte, daß am Morgen eines Sommer-Markttages Coventgarden einem eine Straße vorher entgegen duftet, so dürften Sie vielleicht antworten: daß dies der Fall häufig an andern Orten sey: allein ich entsinne mich auch sogar bey den blumenliebenden Italiänern nie den Blumen-Raub ganzer Beete, noch solche vollkommne Gärten auf den Märkten, wie hier, gesehen zu haben. Es giebt zwey bis drey Blumenläden in Coventgarden, vor welchen auf Quadersteinen diejenigen Gewächse und Stauden, welche so eben in der Blüthe stehen, zierlich geordnet in runden Gruppen also gestellt sind, daß immer ein Blumenstock über den andern sieht und in der Mitte ein Orangenbäumchen, oder sonst ein ausgezeichnetes Gewächs mit prachtvoller Blüthe hervorragt. Dies thut eine herrliche überraschende Wirkung. // Man meynt, in ein Gewächshaus zu treten. Die Eigner dieser Kunstgärten wissen die Farben der Blumen so zu mischen und den spärlichen Raum so zu nutzen, daß man hier allezeit mit Wonne verweilt.“

London und Paris, Bd. 1, 1798, 124f.
Kommentar
Mit dem ursprünglich auf ein Kloster zurückgehenden Markt von Coventgarden beschreibt der London-Korrespondent Johann Christian Hüttner einen paradigmatischen Rückzugsort. Coventgarden war um 1800 einer der bedeutendsten Londoner Marktplätze und bot den Besucherinnen und Besuchern ein reichhaltiges und bisweilen gar exotisches Sortiment. Inmitten der pulsierenden englischen Metropole hebt der Korrespondent besonders die polysensorische Qualität des Ortes hervor, die er mit einer dezidiert ästhetischen Wahrnehmung verbindet.
© 2020 Universität Freiburg