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Quellensammlung

Rückzugsräume – Heterotopien der Muße

London und Paris: Tivoli

„So hätten Sie nun die eine Hälfte des Französischen Gartens durchwandert. Von der andern Hälfte sehen wir noch etwas im Rückweg. – Wenn wir nicht Krieg mit England hätten, so würde ich Sie in einen Englischen Garten führen. Da jetzt aber alle Englische Waaren bey uns verboten sind; so führe ich Sie in einen jardin pittoresque. Sie sehen hier einige Erhöhungen, wir wollen sie Hügel nennen; auf einigen derselben sind in Umzäunungen etliche Lämmer und junge Ziegen; ein Knabe und ein Mädchen, als Schäfer und Schäferin gekleidet, hüten sie, und sollen wahrscheinlich in Gedanken uns nach Arkadien versetzen. Freylich schicken sie sich wie Neulinge in ihren neuen Stand; doch ist die Geschäftigkeit dieser zwey hübschen Kleinen um ihre artigen Thierchen ein niedlicher Anblick. – In den Vertiefungen zwischen jenen Hügeln finden Sie zwischen den Bäumen kleine Buden errichtet, wo Sie Perrucken, Windfächer, Zuckerwerk, Bänder, Bücher, Blumen u. s. w. kaufen können.“

London und Paris, Bd. 1, 1798, 358f.
Kommentar
Beim Tivoli – dessen Bezeichnung sich von der gleichnamigen italienischen Stadt ableitet – handelte es sich um eine der bedeutendsten Pariser Vergnügungsanlagen um 1800. Der Korrespondent Friedrich Theophil Winckler geht bei seiner Beschreibung vor allem auf zwei Punkte ein: Zum einen auf die idyllisch-arkadische Qualität der Anlage, die sich in einem von Schaustellerinnen und Schaustellern präsentierten Spiel äußert. Zum anderen zeigt sein Bericht, dass die politische und ideelle Konkurrenz zwischen England und Frankreich bis in die Gestaltung von öffentlichen Orten hineinreichen konnte – symptomatisch dargestellt durch den Kontrast zwischen englischem Landschaftsgarten und französischem Barockgarten.
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