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Quellensammlung

Gesellige Formen der Muße

Pückler-Muskau: Adlige Festkultur – ein Kontrast

23. Brief, den 25sten [Juni 1828]

„Am nächsten Tag gab der Herzog von S… auf seiner Villa ein déjeuner champêtre, bei dem er es doch möglich gemacht hatte, noch etwas Neues für dergleichen Feten zu erfinden. Sein ganzes Haus war mit schönen Hautelisses und bunten chinesischen Tapeten behangen, eine Menge Möbel, Sofas, Fauteuils, chaises longues, Spiegel etc. im Garten überall, wie in mehreren Salons und Kabinetts, verteilt und außerdem kleine Lager von Zelten, aus weißem und rosa Musselin, angebracht, die sich in dem Smaragdgrün des pleasure-grounds herrlich ausnahmen.
Abends folgte, wie gewöhnlich, eine Illumination, größtenteils nur mit einzelnen Lampen kunstreich in den Bäumen und Büschen verborgen, gleich soviel glühenden Früchten und Johanniswürmchen, die Liebenden und die Einsamen anzulocken. Aber auch diejenigen, welche Geräusch den stillen Freuden vorziehen, fanden Befriedigung. Hier tanzte in einem weiten Zelt, zu dem ein Weg von glänzend erhellten Bögen aus Rosengirlanden führte, ein großer Teil der Gesellschaft, dort erschallte ein vortreffliches Konzert, ausgeführt von den besten Virtuosen und Sängern der italienischen Oper. Auch italienisches Wetter begünstigte glücklicherweise vom Anfang bis zum Ende dieses Fest, welches der kleinste neckende Geist der Atmosphäre hätte vernichten können. In England war das ganze Unternehmen daher wohl ein Wagstück zu nennen, und doch findet man gerade diese Art Feten hier häufiger und schöner als irgendwo, wie der unfruchtbarste Boden oft der kultivierteste ist.“

Hermann Fürst von Pückler-Muskau, Briefe eines Verstorbenen, hg. v. Heinz Ohff, Berlin 1986, 845f.
Kommentar
Im Gegensatz zu seinen ansonsten eher skeptisch gehaltenen Urteilen über die aristokratische Londoner Festkultur zieht Pückler zu einer jüngst besuchten Feier ein außergewöhnliches Fazit. Die vom „Herzog von S.“ gegebene Geselligkeit perspektiviert er vor allem unter ästhetischen Kriterien der Illumination und der musikalisch-tänzerischen Unterhaltung. So ergibt sich eine geradezu festliche Idylle, die selbst der andernorts negativ urteilende Pückler zu genießen weiß.
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